Viel Freude, kein Spass

Da haben wir es nun schwarz auf weiss: In meiner bevorzugten Frauenzeitung wird in einem mehrseitigen Artikel erläutert, warum Paare mit Kindern nicht glücklicher sind, als Paar ohne. OK, das hab ich ja schon immer gesagt. Mir kommt spontan meine frühere Freundin in den Sinn. Die, mit der man sich rotweintrinkend die Nacht um die Ohren schlagen konnte. Die, die voller kreativer Ideen war, mit einem coolen Freund und einer coolen Wohnung. Die, mit der ich vor laaanger Zeit einen ambitionösen Parisienne-Werbespot gedreht habe – hach, was waren das für Zeiten! Wir fuhren für den Dreh auf einen Schrottplatz am anderen Ende des Kantons und wir suchten eine Frau mit Kind als Protagonisten. Heute könnte sich meine Freundin selber vor die Kamera setzen. Heute, fünf Jahre und drei Kinder später. Wir haben uns nicht eben oft gesehen, in dieser Zeit. Und wenn, dann war meine Freundin schwanger, am Stillen oder sass im Schneidersitz inmitten von Babykram auf dem Boden. Und gestresst, immer  gestresst. Ich denke an den Wellness-Gutschein, mein Geburtstagsgeschenk nach dem ersten (oder wars das zweite?) Kind – nicht eingelöst und abgelaufen. Wir haben uns nicht oft unterhalten, in dieser Zeit. Zu müde, Kind Hunger, Kind schreit, Kind schläft. Telefonieren unmöglich und abends noch kurz weg geht gar nicht. Zugegeben, ich weiss nicht, ob es mich interessieren würde, was sie mir zu erzählen hätte, wenn wir zum reden kämen. Ist sie glücklich? Ist sie glücklicher als ich, die keine drei Kinder hat?

Ich denke über den Artikel nach, und mir kommt diese Diskussion Kind ja/nein, glücklicher ja/nein irgendwie ein bisschen so vor, wie die Sache mit dem Gras, das auf der anderen Seite immer grüner ist. Oder wie die Weisheit, dass Blondinen mehr Spass im Leben haben. Wer weiss das schon? Na gut, das mit dem blond kann man gut mal eben ausprobieren, das mit dem Kind nicht. Aber spielt es eine Rolle, welche Paare oder Frauen oder Männer denn nun glücklicher sind im Leben, die mit oder die ohne Nachwuchs? Ist es nicht eher so, dass beide Fraktionen immer wieder betonen müssen, wie toll alles ist – die Freude mit Kind, der Spass ohne Kind – um sich in erster Linie selber davon zu überzeugen? Ist es vielleicht der Neid, der da ab und zu mitredet? Gibt natürlich keiner der beiden zu und ist letztendlich auch nicht nachzuweisen.

Mein ganz persönliches Fazit der ganzen Thematik: Ob ein Kind nun ein Beziehungskiller ist oder nicht kommt wohl auch auf die Eltern drauf an. Aber ein Kind ist definitiv ein Beziehungskiller zwischen den Eltern und seinen kinderlosen Freunden. Das kann vielleicht auch an der heutigen Einstellung zur Kindererziehung liegen – aber da darf ich nun wirklich nicht mitreden, als eine aus der Keinekinder-Fraktion. Und für eine Diskussion darüber fehlen mir leider die kompetenten Gesprächspartner – denn: Kind Hunger, Kind schläft, Kind schreit….

Zeit zum stillen. Oder um still zu sein.

die textwerkstatt