Auf dem Weg ins All

Mein geliebtes Höngg hat doch wirklich allerhand zu bieten und ist immer für eine Überraschung gut: Fällt mir kürzlich, als ich mich Einkaufstüten-schleppend nach Hause kämpfe, dieses Plakat ins Auge: Hält jung, macht schlank & knackig braun. Hohoooo! Jung UND dünn UND knackebraun! Her damit! Wo geht’s lang? Was muss ich tun?

Der Supersolarumtower 3000 (oder so ähnlich) sieht eigentlich ganz harmlos aus, durchs Schaufenster betrachtet. Und das Beste: Er ist zurzeit nicht besetzt und mein Weg zu ewiger Jugend, Traumfigur und sexy Bräune somit frei. Kurzentschlossen trete ich ein und belege die Superkabine mal mit meiner Einkaufstüte. In der Kabine steht nochmal eine Kabine – sieht ein bisschen aus wie eine rosa-fluoreszierende Duschkabine aus der Zukunft. Mit zwei Haltegriffen. Und einer silbrig glänzenden Metallplatte am Boden. Das ist also die Wundermaschine, die alle Frauenträume auf einmal erfüllen soll? Soweit, so gut. Jetzt geht’s ans Eingemachte: Wie lange, wie teuer, wie geht’s? Sechs Franken pro vier Minuten, hundertprozentiger Erfolg garantiert bei fünfzehnminütigem Gebrauch, ca. dreimal die Woche. Gut, das hätt ich mir ja denken können, dass es nicht günstig wird. Ich beschliesse, meine arme winterbleich-grün schimmernde Haut nicht mehr als zehn Minuten der Wundersonne auszusetzen. Werde ich halt bei den Punkten jung & schlank kleine Erfolgseinbussen in Kauf nehmen. Ich werfe das Geld ein und schliesse mich in der Kabine ein.

Und dann betrete ich den rosa Wunderturm. Ich muss, so heisst es, mich auf die beiden vorgezeichneten Füsse auf der silbernen Bodenplatte stellen. Dann die Hände an die Griffe und los geht’s. Und wie es los geht! Die Platte beginnt zu vibrieren, die Leuchtröhren um mich rum leuchten in bester Sonnenbank-Manier und irgendwo dröhnt Musik raus. So stehe ich da also und mein ganzer Körper wackelt (und glaubt mir, es gibt jede Menge zu wackeln an so einem Körper….) und wird gebräunt und wo genau der Anti-Aging-Effekt ist, hab ich noch nicht raus gefunden bis jetzt. Dann, nach zwei Minuten piepst es und mir wird gesagt, ich müsse die Füsse nun auf Position 2 stellen – etwas breiter. Ich schaue auf die Platte runter, um die Musterfüsse zu treffen und schon wird wieder geschüttelt…. Mein Blick ist immer noch nach unten gerichtet. Die Platte ist spiegelblank. Ich kann mich sehen. Keine gute Perspektive. Nein, wirklich nicht. Ich beschliesse, doch lieber geradeaus in die Röhren zu gucken (wieso hab ich bloss die Augenschutzbrille nicht aufgesetzt?) und bemerke, dass es bei Stufe zwei noch allerhand mehr gibt, das zum Wackeln gebracht werden kann bei mir. Und nach einer Weile hab ich wirklich Angst, der ganze Turm hebt ab und fliegt mit mir ins All… Es leuchtet und rumpelt und wackelt und vibriert und irgendwie ist mir auch langweilig. Ich meine, wer steht schon geschlagene zehn Minuten (fünfzehn, für ein optimales Resultat) einfach so in einer rosa Rakete und wackelt wie ein Pudding? Nein, beschliesse ich nach acht Minuten, ich nicht. Nicht mal für jung und schlank und braun.

Ich verlasse den rosa Leuchtturm mit etwas weichen Knien und ziehe mich wieder an. Soll sich doch ein anderer zum Deppen machen dort drin… ich glaube, ich leg mich lieber auf die Werdinsel in die Sonne, um braun zu werden und stelle mich auch künftig auf meinen Ich-hasse-Dich-ich-brauche-Dich-Crosstrainer, um schlank zu bleiben und das mit dem Anti-Aging überlasse ich meinen Tiegelchen und Cremes.  Ist zwar alles nicht unbedingt günstiger und dauert auch länger als fünfzehn Minuten, dafür laufe ich aber nicht die Gefahr, mich selber in einer rosa Riesentube in den Himmel über Höngg zu schiessen.

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