Privatsphäre war gestern

Alles eine Frage der Privatsphäre-Einstellung? Sorry Leute, ‘Privatsphäre’ und ‘Social Media’ wiederspricht sich diametral. Denn würde ich wollen, dass alles, was mein bescheidenes Leben so ausmacht, privat bleibt, würde ich mir ja wohl kaum einen Insta- oder Facebook-Account zulegen. Ich würde nicht über Whatsapp kommunizieren und dort jede Woche meinen Status updaten. Ich würde auch an keinem Skype- oder Zoom-Meeting teilnehmen und jeden in meine Küche oder mein Wohnzimmer blicken lassen. Ich würde nicht Google fragen, wieso meine Hortensie schon wieder nur zwei Wochen überlebt hat und ich würde auch nicht mein nächstes Party-Outfit über Zalando bestellen. Ich täte meine Zeitung jeden Morgen anonym am Kiosk kaufen und würde weder Cumulus- noch Superpunkte sammeln. Ja, ich müsste mich wieder auf die gute alte Briefpost oder -Taube zurückbesinnen und sämtlichen Email-Accounts abschwören. Telefonieren? Allenfalls noch übers Festnetz, aber dann auch nur auf ein anderes Festnetz, ansonsten würde mein Anruf ja bereits wieder von einem bösen Handymasten aufgezeichnet werden. Ach so ja, und bezahlen täte ich nur cash. Twinten, chatten, kommentieren, posten, tweeten oder retweeten – alles gestrichen. Wahnsinn, oder? Wie käme ich zeitnah an die Hortensien-Info und wo stehen noch Münzautomaten zum Telefonieren in Züri? Ganz zu schweigen davon, dass ich nie erfahren würde, dass ich mich länger als gut für mich ist, in unmittelbarer Nähe eines an Covid-19 Erkrankten aufgehalten habe. Dann halt doch in mühsamer Kleinarbeit regelmässig meine Privatsphäre-Einstellungen überarbeiten, zur Sicherheit, oder zumindest für die Gesundheit.

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